Woran alles hängt

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Es wird viel diskutiert über die Zukunft der Kirche und über die sogenannten Reizthemen, die wir zur Genüge kennen. Wie soll es auch mit unserem Bistum und unseren Pfarreien weitergehen?

Aber kann es sein, daß es doch so ist, wie manche schon vermutet haben? Kann es sein, daß viele von uns, die wir miteinander in die Kirche gehen und sogar als Priester manchmal miteinander am Altar stehen, in den allergrundlegendsten Glaubenswahrheiten keinen Konsens mehr haben? Diese ernste Frage drängt sich auf, wenn in diesen Tagen Gläubige unseres Bistums erstaunt berichten, daß es katholische Priester sind, die ihnen erklären, Jesus sei nicht für unsere Sünden gestorben, man können dies so nicht mehr sagen, man könne darum auch nicht mehr beten: „O Lamm Gottes unschuldig, am Stamm des Kreuzes geschlachtet“.

 

Jedes Gespräch über die Liturgie, die Sakramente, das allgemeine und das Weihepriestertum usf. ist müßig und entbehrt jeder Grundlage, wenn diese Kernwahrheit unseres Glaubens nicht mehr Konsens ist. Dann ist jede Diskussion über diese Fragen von vornherein zum Scheitern verurteilt.

 

Der große Theologe Hans Urs von Balthasar sagte einmal über den Auftrag Jesu, als das Lamm Gottes die Sünde der Welt hinwegzunehmen:

„Dies ist die innerste Mitte der christlichen Guten Botschaft. Das allerälteste Glaubensbekenntnis, das uns im Neuen Testament überliefert wird, ist ein Wort des heiligen Paulus, von dem er sagt, er verkünde damit, was ihm selbst in Jerusalem oder Antiochien von den Uraposteln als die Quintessenz des Glaubens übergeben wurde. Dieses Bekenntnis lautet: ‚Christus ist für unsere Sünden gestorben, wie die Schriften gesagt haben, und er wurde begraben, am dritten Tage ist er auferstanden, wie die Schriften gesagt haben, und dem Kephas erschienen, hernach den Zwölfen.‘ Der Skandal des Kreuzes, für seine Jünger etwas Unfaßbares, Unerträgliches, erhält von der Auferstehung her seine Deutung: Jesus, der als Lebendiger immer für alle gelebt hat, ist offenbar nicht sinnlos, sondern höchst sinnvoll für alle gestorben und hat ihre Sünde hinweggetragen. Das ist nicht eine Deutung unter anderen – wie manche Theologen uns heute glauben machen möchten -, sondern die einzig zentrale und befriedigende, auf die hin alle übrigen Gedanken über Jesu Passion konvergieren; die einzige, die alsbald zur normativen Lehre der Urkirche wurde: Paulus, der drei, vier Jahre nach Jesu Tod sich bekehrte, fand sie schon vor und gab ihr den Ehrenplatz im Zentrum seiner gewaltigen Theologie. Und niemand hat das Recht, dahinter zurückzugehen und sie zu relativieren.“ (Du krönst das Jahr mit deiner Huld, Freiburg  22000, S. 43)

 

Oder sagen wir es mit den Worten von Papst Franziskus aus seiner Allerheiligenpredigt vor wenigen Tagen:

„Wir können in den Himmel eintreten nur dank des Blutes des Lammes. Es ist gerade das Blut Christi, das uns gerechtfertigt hat, das uns die Pforten des Himmels geöffnet hat.“

 

Und zum Schluß nochmals Hans Urs von Balthasar, der treffend bemerkte: „Wer an dieser Aussage rüttelt, für den drohen alle christlichen Hauptwahrheiten ins Wanken zu geraten, er behält vom Ganzen nur ein tristes Restprodukt übrig.“ (a.a.O., S. 44)

 

So ist es. Und so bewahrheitet es sich.