Von der Anbetung gegen Morgen als Überlieferung der Apostel

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Hl. Johannes von Damaskus (um 650 – vor 754)

KIRCHENLEHRER

Von der Anbetung gegen Morgen (Sonnenaufgang)

(Warum die Kirche gegen Morgen und äußerlich anbete. Ungeschriebene Überlieferung)

Genaue Darlegung des rechten Glaubens, Buch IV, Kapitel 12:

 

NICHT GRUNDLOS UND ZUFÄLLIG beten wir gegen Aufgang an, sondern weil wir aus einer sichtbaren und unsichtbaren, d.h. sinnlichen und geistigen Natur zusammengesetzt sind, bringen wir dem Schöpfer auch eine doppelte Anbetung dar; gleichwie wir auch im Geiste psallieren und mit den leiblichen Lippen und getauft werden mit Wasser und Geist und auf zweifache Weise mit dem Herrn verbunden werden, indem wir an den Mysterien (Sakramenten) Teil haben und an der Gnade des Geistes.

Weil also Gott ein geistiges Licht ist[1] und Christus in den Schriften „Sonne der Gerechtigkeit[2] und „Aufgang[3]  genannt ist, darum ist ihm der Aufgang geweiht. Denn alles Schöne ist Gott zu weihen, durch den alles Gute ist.

Es sagt aber auch der göttliche David: „Ihr Reiche der Erde, singet Gott, psallieret dem Herrn, der über den Himmel des Himmels hinschreitet gegen Aufgang.“[4] Ferner aber auch sagt die Schrift: „Es pflanzte Gott das Paradies in Eden gegen Aufgang; dahin setzte er den Menschen, den er gebildet.“[5] und nach der Übertretung vertrieb er ihn und „siedelte ihn an gegenüber dem Paradiese der Wonne“[6], gegen Untergang nämlich. Das alte Vaterland also suchend und nach demselben hinblickend, beten wir Gott an.

Auch das mosaische Zelt aber [Stiftshütte] hatte den Vorhang und den Sühnaltar gegen Aufgang. Auch der Stamm Juda, als der geehrtere, schlug sein Lager gegen Aufgang[7]. Auch in dem berühmten Tempel Salomons aber war die Pforte des Herrn gegen Aufgang gelegen.

Aber auch der gekreuzigte Herr sah gegen Untergang, und so beten wir an, gegen ihn hinblickend. Und als er gen Himmel fuhr, schwebte er gegen Aufgang, und so beteten ihn die Apostel an, und so wird er kommen, wie sie ihn in den Himmel fortgehen sahen,[8] wie der Herr selbst sagte: „Gleichwie der Blitz ausgeht von Aufgang und bis Untergang scheint, so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein.“[9]

Ihn also erwartend beten wir gegen Aufgang an.

Ungeschrieben aber ist diese Überlieferung der Apostel; denn vieles haben sie uns ungeschrieben überliefert.[10]

Quelle: Des heiligen Johannes v. Damaskus, Mönchs und Priesters zu Jerusalem, genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens, nach dem Urtexte übersetzt von Dr. Heinrich Hand, Kempten 1880; Buch IV, Kap.13; S. 244f [Nachdruck der Originalausgabe bei Hansebooks]

[1] 1 Joh 1, 5

[2] Mal 4, 2 « et orietur vobis timentibus nomen meum sol iustitiae et sanitas in pinnis eius et egrediemini et salietis sicut vituli de armento »

[3] Sach 3, 8 « audi Iesu sacerdos magne tu et amici tui qui habitant coram te quia viri portendentes sunt ecce enim ego adducam servum meum orientem » ;  Lk 1, 78 « per viscera misericordiae Dei nostri in quibus visitavit nos oriens ex alto »

[4] Ps 67(68), 33f

[5] Gen 2, 8

[6] Gen 3, 23

[7] Num 2, 3

[8] Apg 2, 11

[9] Mt 24, 27

[10] Basilius, De Spiritu Sancto, Cap. 27