Eine große Geschichte und ein denkwürdiger Jahrestag in Hamersleben

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Am 8. September wird wieder der Tag des offenen Denkmals begangen. Ein besonderes sehenswertes Denkmal in unserer Börde ist die Stiftskirche St. Pankratius in Hamersleben, weltweit wegen ihrer herausragenden romanischen Architektur bekannt. Vor kurzem kam sie in die Schlagzeilen, als bei Dacharbeiten festgestellt wurde, daß noch heute Dachbalken aus dem 12. Jahrhundert vorhanden sind. Sie werden auf 1130 datiert. Daraus können wir schließen, daß die Kirche schon zwei Jahrzehnte nach der Gründung fertiggestellt war. 1112 siedelten einige Augustiner-Chorherren aus Osterwieck nach Hamersleben über. Tiethburg von Sommerschenburg und ihre Tochter, Pfalzgräfin Mathilda (+1115), hatten aus ihrem Besitz in Hamersleben und Umgebung die junge Gemeinschaft reich beschenkt. Damit begann eine bedeutsame Geschichte, die unter den Bewohnern der Magdeburger Börde leider kaum mehr bekannt ist.

Bischof Rudolph von Halberstadt ließ 1137 nach Hamersleben einen Damm durch das Bruch bauen. Auf der Synode zu Oschersleben erhielt das Stift am 28.5.1178 eine Bestätigungsurkunde.

Die Augustiner-Chorherren, die es auch heute noch gibt, sind keine Mönche, sondern Priester, die nach einer Regel gemeinsam beten und leben und sich auch um die Seelsorge kümmern. Der erste Vorsteher (Propst) hieß Thietmar. Er war sehr gebildet, u.a. in Mathematik, und ist in Rom begraben. Bald trat der noch heute in Theologie und Philosophie berühmte Hugo von Sankt Victor in Hamersleben ein, später ein bedeutender Professor in Paris.

Mitte des 15. Jahrhundert befindet sich der Konvent auf einem geistlichen und moralischen Tiefpunkt, aber Reformkräfte der Windesheimer Bewegung gewinnen die Oberhand und führen das Stift Hamersleben zu neuer Blüte. Im 16. Jahrhundert wird das Kloster mehrmals schwer heimgesucht. Im Jahr 2025 wird am Johannestag des 500. Jahrestages des brutalen Überfalls Schwanebecker Bauern im Jahr 1525 zu gedenken sein. 1548 kam es noch schlimmer, als am 23. August um 6 Uhr morgens, vom protestantischen Magdeburg her ein regelrechter Kriegszug mit 150 Wagen in Hamersleben eintrifft. Die Kirche wird aufs bösartigste geschändet, die Priester werden verspottet, gefoltert und 15 von ihnen getötet, Sakralgerät und Kunstwerke zerstört; buchstäblich alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird gestohlen, alle Fenster werden zerschlagen. Dies hätte das Ende sein können, aber die Augustiner geben nicht auf und überleben irgendwie.

1616 erhalten sie einen Schutzbrief von Kaiser Matthias, ausgestellt in Prag.

Urkunde von 1616 Foto: Frank Lange, © Kath. Pfarrei Oschersleben

Während des dreißigjährigen Krieges wird das Stift 1633 unter den Schweden dem Kriegsrat Jakob von Steinberg übereignet. Aber auch diese Krise kann bestanden werden. Wegen konfessioneller Streitigkeiten wird Hamersleben 1719 von König Friedrich Wilhelm I geschlossen, die Conventualen werden ausgewiesen. Im folgenden Jahr kommen die Augustiner aber wieder zurück. Sie erwerben um die Mitte des Jahrhunderts das darniederliegende Wegersleben und gründen Neuwegersleben. Der gemeinsame Gottesdienst der etwa 20 Augustiner beginnt um 4 Uhr in der Frühe. Die Landwirtschaft floriert. Kinder werden unterrichtet, Arme gespeist (mit täglich über 100 Pfund Brot), Bücher kopiert, wissenschaftliche und literarische Studien betrieben, katholische Seelsorge wird bis nach Aschersleben hin unternommen. 1787 schlägt der Blitz in einen Turm ein. Nach acht Stunden kann der Brand gelöscht werden. Die Schäden werden beseitigt, die Glocken wieder aufgehängt.

 

Siegel der kaiserlichen Urkunde von 1616, Foto: Frank Lange, © Kath. Pfarrei Oschersleben

 

Nun aber nähert sich das Ende. 1803 wird in Regensburg der Reichsdeputationshauptschluß verabschiedet. Die weltlichen Fürsten sollen für ihre an die Franzosen gegangenen linksrheinischen Territorien entschädigt werden. Im ganzen Reich werden geistliche Besitzungen säkularisiert. So trifft es am 19. September 1804, also vor genau 220 Jahren, auch die Hamersleber Augustiner-Chorherren. Das Stift wird aufgehoben und in zwei Königliche Domänen verwandelt.

 

1965 wurde im Blasebalg der Orgel ein lateinisches, dort eingeklebtes Schriftstück gefunden, welches namentlich die 22 Augustiner als „Zeugen und Opfer“ aufzählt, die 1803 nach fast 700 Jahren die Auflösung des Stiftes erleben mußten. Der letzte Vorsteher hieß Laurentius Bergmann. Theodorius Crois durfte weiter als Pfarrer für die Katholiken der Umgebung wirken. Er starb als letzter der Hamersleber Augustiner-Chorherren am 27.12.1833.

Heute gehörten das Kirchengebäude und ein Flügel des Kreuzganges von St. Pankratius dem Land Sachsen-Anhalt und wird von dessen Kulturstiftung betreut. Hausherrin und Besitzerin des beweglichen Gutes ist die Katholische Pfarrgemeinde Oschersleben. Sonntäglich um 10:30 Uhr wird die Hl. Messe gefeiert. Herr Pfr. Behrendt wohnt vor Ort und führt Besucher gern durch diese ganz besondere Kirche.