Weihnachtspredigt 25.12.16

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 „Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn“. Liebe Brüder und Schwestern, diese Worte des Hebräerbriefes aus der heutigen Zweiten Lesung sagen an, was die Christenheit heute feiert. Gott hat zu uns gesprochen durch den Sohn. Was bedeutet das? Es geht um eine Person, die Wort ist. So verkündet uns der hl. Johannes in seinem Weihnachtsevangelium: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Ich möchte zwei Beispiele aus unserem menschlichen Leben bringen, um mich mit Ihnen gedanklich diesem göttlichen Geheimnis zu nähern. 

In Afrika bin ich vor 4 Jahren dem inzwischen 89jährigen Bischof Bruno Kouamé begegnet. Er wurde vor 60 Jahren zum Priester geweiht als einer der allerersten seines Landes Elfenbeinküste, wo es heute über 1000 Priester gibt. Dann 1981 wurde er Bischof. Seine beiden Vorgänger waren kurze Zeit nach der Bischofsweihe gestorben, so daß die Gläubigen in der Kirche sehr traurig und ängstlich waren und damit rechneten, auch dieser neue Bischof werde nun sterben müssen. Aber er sagte dem Volk mit den Worten des Psalms: „Ich werde nicht sterben, sondern leben und die Taten des Herrn verkünden“, wonach laute Freudensbekundungen die Kathedrale erfüllten. Dieser Bischof wird der fröhliche Bischof genannt. Ich fragte ihn damals: „Warum sind Sie immer so fröhlich?“ Und er erzählte mir, daß er als junger Mann kurz vor seiner Subdiakonenweihe eine riesige Furcht bekam, weil er daran zweifelte, die priesterliche Ehelosigkeit leben zu können. Er hatte große Angst, untreu zu werden und so die Kirche zu blamieren. Seine Vorgesetzten vertrauten ihm, sagten ihm aber, er könne sich frei entscheiden, den Schritt zu gehen oder nicht. Während der Weihezeremonie wurde er dann schließlich nach der Bereitschaft zu Ehelosigkeit gefragt. Und der junge Bruno, so erzählte er selbst mir nun als alter Mann, sei plötzlich als erster der Kandidaten einen Schritt nach vorn gegangen und habe deutlich und entschieden sein „Ja“ ausgesprochen. Und von diesem Augenblick an sei er immer fröhlich gewesen. 

Zweites Beispiel: Wenn Braut und Bräutigam ihre Trauung vorbereiten, erkläre ich ihnen, daß es liturgisch zwei Möglichkeiten gibt. Sie können entweder den ganzen Trauspruch selber sagen: „Ich nehme dich an als meinen Mann/meine Frau, ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens, bis der Tod uns scheidet.“ Oder der Zelebrant befragt sie jeweils und sie können dann einfach nur das Wort „Ja“ sagen. Das ist sehr schön! Sei es bei einer Weihe oder sei es bei der Trauung, Menschen sagen ein Wort: „Ja“. Und in diesem einsilbigen Wort ist ihre ganze Existenz gebündelt. Es gibt Dinge im Leben, die gehen nur ganz oder gar nicht, Ja oder Nein. Deshalb kennt die Kirche auch kein Priestertum auf Zeit und keine Ehe auf Probe. Und die schönsten Hochzeiten sind erfahrungsgemäß die, wo für Braut und Bräutigam wirklich etwas Neues beginnt, eine neue Lebensgemeinschaft mit Leib und Seele, und wo man nicht das Gefühl hat, es käme nur noch ein kirchlicher Zuckerguß zu etwas sowieso schon Bestehendem hinzu. 

Wie schön ist diese Möglichkeit, die Gott uns gegeben hat, unser Leben in diesem einen Wort „Ja“ auszudrücken und zu verschenken. Gott hat uns diese Freiheit geschenkt, weil sie ein Bild dessen ist, was Gott selber ist und tut. Paulus sagt in Zweiten Korintherbrief: „Jesus Christus ist nicht als Ja und Nein zugleich gekommen; in ihm ist das Ja verwirklicht.“ (2 Kor 1, 19) Wir Menschen haben die Möglichkeit, in einem Wort unsere Liebe, unser Leben auszudrücken und dabei auch zu schenken. Bei unserem dreifaltigen Gott ist es so, daß die zweite Person der göttlichen Dreifaltigkeit selbst das Wort ist. Der Sohn des Vaters ist das ewige Wort des Vaters. In diesem Wort drückt sich der Vater ganz aus. Mehr hat er nicht zu sagen. Mehr hat er nicht zu geben.

Und heute feiern wir das unergründliche Geheimnis, daß dieses ewige Wort, in dem sich der Vater seit jeher ganz ausdrückt, Fleisch, d.h. echter Mensch geworden ist. Denn das Kind in der Krippe ist alles, was Gott uns zu sagen und zu geben hat. Es ist Gottes Wort und zugleich Gott selbst. Lauschen wir noch einmal der Zweiten Lesung: „Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu uns gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat; er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens“.  —- Brüder und Schwestern, das was wir heute feiern, ist etwas absolut Einmaliges in den Religionen der Welt. Der christliche Glaube ist nicht einfache eine Religion unter anderen. Denn Gott hat sich offenbart, nicht nur indem er durch Propheten und Weise gesprochen hat, nicht nur in Religionsgründern und Weisheitslehrern, nicht nur, indem er uns etwas vom Göttlichen mitgeteilt hat, sondern indem er sich selbst als Gott ganz ausdrückt, und das auf menschliche Weise und als Mensch. Das Kind in der Krippe ist Sohn der Jungfrau und Sohn Gottes, wahrer Gott und wahrer Mensch. Niemand hätte sich das ausdenken können. 

Die wahre Freude der Weihnacht, die ich Ihnen allen von Herzen wünsche, ist die Freude der wahren Weihnacht, ist die einmalige Freude, daß Gott zu uns gesprochen hat und sich uns geschenkt hat, nicht in einem Ja und Nein zugleich, sondern in Jesus Christus, seinem Sohn, Gottes Ja zu uns.

Nehmen wir ihn an, nehmen wir ihn auf! Sprechen auch wir unser Ja und beten ihn an! Amen